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Gesundheit heute

Ergänzende medikamentöse Therapieverfahren

Der Arzt kann die medikamentöse Schmerztherapie durch weitere Medikamente ergänzen. Diese Substanzen können Angst, Anspannung und Niedergeschlagenheit lindern, oder auch die Schmerzverarbeitung im Gehirn beeinflussen und so der Ausbildung eines Schmerzgedächtnisses vorbeugen.

Antidepressiva. Trizyklische Antidepressiva wie Amitriptylin oder Trimipramin wurden ursprünglich zur Therapie von Depressionen entwickelt. In geringerer Dosis können diese Substanzen auch bei Kopf- und Nervenschmerzen eingesetzt werden, der Entwicklung eines Schmerzgedächtnisses entgegenwirken und Schlafstörungen bessern. Bis die Wirkung eintritt, müssen Antidepressiva über mehrere Wochen eingenommen werden, manchmal tritt allerdings überhaupt keine Wirkung ein.

Neuere Antidepressiva vom Typ SSRI (selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer) haben zwar weniger unerwünschte Nebenwirkungen wie z. B. Mundtrockenheit oder Gewichtszunahme, konnten aber bisher die Erwartungen im Bereich der Schmerztherapie noch nicht ausreichend erfüllen.

Antiepileptika wie Carbamazepin, Gabapentin oder die neueren Substanzen Lamotrigin und Pregabalin, wurden ursprünglich zur Behandlung der Epilepsie entwickelt, teilweise haben sie sich aber auch als sehr wirksam gegen Nervenschmerzen bewährt. Zur besseren Verträglichkeit muss die Dosis über einen längeren Zeitraum in kleinen Schritten so lange erhöht werden, bis die Zieldosis erreicht ist. Erst dann kann der Arzt feststellen, ob das Medikament die Schmerztherapie unterstützt.

Muskelentspannungsmittel (Muskelrelaxandierende Mittel). Wer Schmerzen hat, versucht diese oft durch Schonhaltung und ausweichende Bewegungen zu vermeiden. So entstehen Verkrampfungen und Fehlhaltungen, die die Schmerzen auf Dauer eher noch verstärken. Muskelentspannungsmittel lösen diese Verkrampfungen.

Benzodiazepine wie Diazepam oder Tetrazepam wirken entspannend und schmerzlindernd; außerdem werden sie als Schlafmittel eingesetzt. Allerdings bergen sie ein Suchtpotenzial und sollten deshalb nur kurzfristig angewandt werden. Ein neueres Präparat ist das Methocarbamol (Ortoton®), das ein geringes Suchtpotenzial bei guter Verträglichkeit bietet. Es wird vor allem bei Schmerzen gegeben, deren Ursache Muskelverspannungen sind, scheint aber auch andere Schmerzsyndrome zu lindern. Außerdem wirkt es möglicherweise der Ausbildung des Schmerzgedächtnisses entgegen.

Kortison hemmt die Entzündungsreaktionen, wie sie bei allen rheumatischen Erkrankungen vorkommen, und lindert zudem durch seine abschwellende Wirkung z. B. bei Bandscheibenvorfällen die Schmerzen. Allerdings hat Kortison (oder genauer gesagt die gesamte Medikamentengruppe der Glukokortikoide) teils schwere Nebenwirkungen, insbesondere dann, wenn es über längere Zeit angewendet wird. Diese können allerdings stark reduziert werden, wenn die Anwendung außerhalb der Blutbahn z. B. nur im betroffenen Gelenk, also lokal erfolgt. Werden sie an der Wirbelsäule angewendet, ist dies eine periradikuläre Therapie oder Facettentherapie.

Von: Dr. med. Dorit Maoz, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski

Vorsicht mit Brausetabletten!

Vorsicht mit Brausetabletten!
Vor allem Schmerzmittel werden oft als Brausetabletten eingenommen.

Ob Schmerzmittel oder Hustenstiller: Viele Medikamente lassen sich über in Wasser aufgelöste Brausetabletten einnehmen. Nimmt man diese aber zu oft ein, kann das fürs Herz gefährlich werden.

Nicht mehr als 2 Gramm Natrium täglich

Arzneimittel als Brausetabletten haben zwei große Vorteile. Versprudelt im Wasser nimmt man gleichzeitig mit dem Wirkstoff ausreichend Flüssigkeit auf. Das bessert die Verträglichkeit der meisten Medikamente. Außerdem ist die flüssige Zufuhr von Schmerzmitteln oder Hustenstillern ideal für Menschen mit Schluckbeschwerden.

Allerdings haben Brausetabletten auch eine Kehrseite: Das in ihnen enthaltene Natrium wird genauso wie das Natrium aus dem Speisesalz über den Darm aufgenommen. Dadurch erhöht sich die Gesamtzufuhr des Spurenelements. Was durchaus problematisch ist: Denn Natrium begünstigt die Entwicklung von Bluthochdruck und damit auch von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Deshalb empfiehlt die WHO eine maximale Tagesaufnahme von 2 Gramm.

Mehr Schlaganfälle und Herzinfarkte

Die besonders beliebten Brausetabletten mit dem Schmerzmittel Paracetamol enthalten allerdings durchschnittlich schon zwischen 0,38 und 0,44 Gramm Natrium. Wer die maximale Tagesdosis Paracetamol über Brausetabletten einnimmt, führt sich allein damit schon über 3 Gramm Natrium zu – weit mehr, als die WHO empfiehlt.

Das hat Folgen, wie die Analyse von Daten aus mehr als 14 Millionen britischen Hausarztpraxen zeigt. So steigerten Paracetamol-Brausetabletten bei Hochdruckpatient*innen das Risiko, einen Schlaganfall oder Herzinfarkt zu erleiden, um 59%. Auch bei Menschen mit normalem Blutdruck war die Einnahme von Paracetamol-Brausetabletten mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden.

Gilt auch für andere Wirkstoffe

Dass laut dieser Studie die Brausetabletten und nicht etwa der Wirkstoff Paracetamol Herz-Kreislauf-Erkrankungen begünstigen, folgern die Forscher*innen aus einer weiteren Analyse: Die Einnahme von Brausetabletten mit den Arzneimitteln Ranitidin oder Ibuprofen erwies sich in puncto Herz-Kreislauf-Erkrankungen als ähnlich riskant.

Quelle: Ärzteblatt

25.04.2023 | Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: Shotshop/imago-images.de