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Gesundheit heute

WHO-Stufenmodell der Schmerztherapie

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat ein Stufenschema zur medikamentösen Schmerztherapie entwickelt, das so lange ansteigend durchlaufen wird, bis die angestrebte Wirkung erreicht ist.

Stufe I. Bei schwachen bis mäßigen Schmerzen, z. B. Hals- oder Kopfschmerzen, genügen NSAR-Schmerzmittel. Zwei weitere häufig angewendete Schmerzmittel sind Metamizol (Novalgin®) und Flupirtin (Katadolon®), die eine Art Mittelstellung in der Behandlung zwischen den Stufen I und II einnehmen. Obwohl sie periphere und zentrale Wirkungen haben, sind sie nicht mit den Opioiden verwandt und haben somit auch nicht deren Nebenwirkungen.

Stufe II. Bei stärkeren Schmerzen stehen schwache Opioide zur Verfügung; Beispiele hierfür sind Tilidin (z. B. Valoron®), Naloxon (z. B. Naloxon-ratiopharm®) und Tramadol (z. B. Tramal®). Reichen diese Mittel alleine nicht aus, werden sie mit denen der Stufe I kombiniert.

Stufe III. Bleibt die Kombination aus Medikamenten der Stufen I und II ohne zufriedenstellende Wirkung, werden starke Opioide eingesetzt. Zu ihnen gehören Morphin (z. B. MST®) und andere morphinverwandte Präparate, z. B. Oxycodon (Oxygesic®) oder Hydromorphon (Dilaudid®). Auch diese Substanzen können mit den Schmerzmitteln der Stufe I kombiniert werden.

Stufe IV. Sie umfasst sowohl die Schmerzpflastertherapie (transdermale Schmerztherapie), in der der Wirkstoff (z. B. Fentanyl oder Buprenorphin) aus einem Pflaster durch die Haut in den Körper wandert, als auch die lokal invasiven Schmerztherapien, in denen Schmerzmittel direkt in Haut, Blutgefäße, Gelenke, Nerven oder Rückenmarksflüssigkeit gespritzt werden. Ist eine kontinuierliche Gabe von Schmerzmitteln in Venen oder Rückenmarksflüssigkeit notwendig, werden hierzu Pumpen mit einem Schmerzmittelreservoir verwendet, die eine bedarfsgerechte Schmerzmittelzufuhr sichern. Sie können wie eine Handtasche vom Patienten getragen oder aber in einem kleinen operativen Eingriff unter der Haut befestigt werden. Es besteht auch die Möglichkeit, ein Nasenspray mit Fentanyl in der Apotheke herstellen zu lassen. Es ist für die ohnehin stark belasteten Palliativpatienten leicht einzusetzen und sehr entlastend.

Die Vorstellung, dass Opioide wie Morphium (Morphin) und seine Abkömmlinge (Morphinderivate) zwingend zur Sucht führen, ist überholt. Wer diese Mittel verordnungsgemäß zur Schmerzbekämpfung einnimmt, ist nicht suchtgefährdet. Am Ende der Behandlung ist lediglich eine langsame Verringerung der Dosis („Ausschleichen“) notwendig, um den Körper an die Umstellung zu gewöhnen.

Von: Dr. med. Dorit Maoz, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski

Vorsicht mit Brausetabletten!

Vorsicht mit Brausetabletten!
Vor allem Schmerzmittel werden oft als Brausetabletten eingenommen.

Ob Schmerzmittel oder Hustenstiller: Viele Medikamente lassen sich über in Wasser aufgelöste Brausetabletten einnehmen. Nimmt man diese aber zu oft ein, kann das fürs Herz gefährlich werden.

Nicht mehr als 2 Gramm Natrium täglich

Arzneimittel als Brausetabletten haben zwei große Vorteile. Versprudelt im Wasser nimmt man gleichzeitig mit dem Wirkstoff ausreichend Flüssigkeit auf. Das bessert die Verträglichkeit der meisten Medikamente. Außerdem ist die flüssige Zufuhr von Schmerzmitteln oder Hustenstillern ideal für Menschen mit Schluckbeschwerden.

Allerdings haben Brausetabletten auch eine Kehrseite: Das in ihnen enthaltene Natrium wird genauso wie das Natrium aus dem Speisesalz über den Darm aufgenommen. Dadurch erhöht sich die Gesamtzufuhr des Spurenelements. Was durchaus problematisch ist: Denn Natrium begünstigt die Entwicklung von Bluthochdruck und damit auch von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Deshalb empfiehlt die WHO eine maximale Tagesaufnahme von 2 Gramm.

Mehr Schlaganfälle und Herzinfarkte

Die besonders beliebten Brausetabletten mit dem Schmerzmittel Paracetamol enthalten allerdings durchschnittlich schon zwischen 0,38 und 0,44 Gramm Natrium. Wer die maximale Tagesdosis Paracetamol über Brausetabletten einnimmt, führt sich allein damit schon über 3 Gramm Natrium zu – weit mehr, als die WHO empfiehlt.

Das hat Folgen, wie die Analyse von Daten aus mehr als 14 Millionen britischen Hausarztpraxen zeigt. So steigerten Paracetamol-Brausetabletten bei Hochdruckpatient*innen das Risiko, einen Schlaganfall oder Herzinfarkt zu erleiden, um 59%. Auch bei Menschen mit normalem Blutdruck war die Einnahme von Paracetamol-Brausetabletten mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden.

Gilt auch für andere Wirkstoffe

Dass laut dieser Studie die Brausetabletten und nicht etwa der Wirkstoff Paracetamol Herz-Kreislauf-Erkrankungen begünstigen, folgern die Forscher*innen aus einer weiteren Analyse: Die Einnahme von Brausetabletten mit den Arzneimitteln Ranitidin oder Ibuprofen erwies sich in puncto Herz-Kreislauf-Erkrankungen als ähnlich riskant.

Quelle: Ärzteblatt

25.04.2023 | Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: Shotshop/imago-images.de