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Gesundheit heute

Coxa vara und Coxa valga

Coxa vara und Coxa valga: Angeborene oder erworbene Fehlstellung vom Oberschenkelhals zum Oberschenkelschaft (veränderter Schenkelhalswinkel). Bei der Coxa vara liegt der Winkel unter 120°, bei der Coxa valga über 140°. Dazwischen liegt die normale Variationsbreite. Nur extreme Varianten sind krankhaft; sie entstehen meist im Kindesalter, z. B. als Folge von Fehlbildungen, wie Hüftdysplasie, Vitamin-D-Mangel (Rachitis), Lähmungen oder Hüftkopfgleiten. Die Störung bleibt oft unbemerkt, manchmal bildet sich jedoch ein watschelnder Gang aus und es kommt zu ziehenden Schmerzen im Hüftbereich. Langfristig droht ein vorzeitiger Gelenkverschleiß. Eine operative Korrektur ist möglich, aber selten erforderlich.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Eventuell Hinken oder, wenn beide Seiten betroffen sind, watschelnder Gang
  • Rasche Ermüdbarkeit beim Gehen
  • Selten Schmerzen in der Leiste oder an der Außenseite der Hüfte bei Belastung.

Wann in die Arztpraxis

Demnächst, wenn

  • oben genannte Beschwerden auftreten.

Die Erkrankung

Die Stellung des Schenkelhalses zum Oberschenkelschaft ist wichtig für die korrekte mechanische Belastung des Hüftgelenks. Gemessen wird diese Stellung mithilfe des Schenkelhals- oder Centrum-Collum-Diaphysen-Winkels (CCD). Dieser ist definiert als Schnittpunkt der Geraden durch den Schenkelhals und der Oberschenkelachse. Der Winkel ändert sich im Verlauf des Lebens: Während das Neugeborene noch mit einem steilen Winkel von etwa 150° auf die Welt kommt, flacht dieser bis zum Erwachsenenalter auf etwa 120° ab. Im Greisenalter wird er durch Verminderung der Knochensubstanz noch flacher, hier sind Schenkelhals-Winkel von 120° häufig.

Die Normwerte des Schenkelhals-Winkels liegen daher je nach Alter bei 120–140°. Bei steileren Winkeln (> 140°) spricht man von einer Valgisierung oder Coxa valga, bei stumpferen Winkeln (< 120°) von einer Varisierung (Coxa vara).

Ein veränderter Schenkelhalswinkel führt zu einer falschen Belastung von Hüftgelenk und/oder Schenkelhals. Stärkere Abweichungen stören darüber hinaus häufig das Gleichgewicht der Hüftmuskulatur, was wiederum die Fehlbelastung der Knochen verstärken kann. So entsteht manchmal ein Teufelskreis, der nur durch eine Operation zu unterbrechen ist.

Coxa antetorta und retrotorta

Der normale Schenkelhals ist mit einem Winkel von etwa 12–15° (wobei die Schwankungsbreite sehr groß ist) nach vorne verdreht. Dieser Winkel heißt Antetorsionswinkel. Ist er auf > 20° vergrößert, spricht man von einer Coxa antetorta. Betroffene Kinder sitzen gerne im W-Sitz (mit den Fersen rechts und links neben ihrem Po), beim Gehen stolpern sie durch ihre etwas nach innen verdrehten Beine leicht über ihre Fußspitzen. Häufig bilden sich Coxa antetorta im Wachstum von selbst zurück. Behandlungsbedürftig sind sie nur bei sehr ausgeprägten Beschwerden oder gleichzeitigen anderen Fehlstellungen (Hüftdysplasie, starke Coxa vara). Dann wird der Oberschenkelknochen in einer sogenannten Femurosteotomie zersägt und umgestellt.

Bei Coxa retrotorta ist der Winkel dagegen auf < 0° verkleinert, der Schenkelhals also nach hinten verdreht. Diese Kinder sitzen gern im Schneidersitz und gehen leicht auswärts rotiert. Bei stark ausgeprägten Coxa retrotorta wird manchmal eine Operation empfohlen, da durch die Fehlstellung das Arthroserisiko des Hüftgelenks erhöht ist. Auch hier wird der Oberschenkel umgestellt (Femurosteotomie), allerdings in die andere Richtung, also etwas nach vorne.

Ursachen

Häufigste Ursache von Fehlstellungen des Schenkelhalses ist die unbehandelte Hüftdysplasie. Bei älteren Kindern stehen Erkrankungen wie Morbus Perthes oder Hüftkopfgleiten als Ursache im Vordergrund. Auch Krankheiten, die die Qualität des Knochens vermindern, wie etwa Rachitis oder Osteomalazie führen dazu, dass sich der Schenkelhals "absenkt". Zudem kann sich eine Coxa valga auch bei Kindern mit Zerebralparese entwickeln. Hier kommt es durch das Ungleichgewicht der Muskeln zu einem Fehlwachstum des Schenkelhalses.

Seltener kommt es nach Abschluss des Wachstums und im höheren Alter zu einer Abflachung (Varisierung) des Oberschenkelhalses. Hier sind Osteoporose, Schenkelhalsbrüche und Hüftkopfnekrosen die häufigsten Ursachen.

Klinik

Meist spüren die Betroffenen nichts von ihrer Coxa valga oder Coxa vara. Ist die Fehlstellung jedoch ausgeprägt, kommt es zu Beschwerden wie Hinken oder Schmerzen bei Belastung. Nehmen die Beschwerden zu, weisen sie möglicherweise auf eine beginnende Hüftgelenksarthrose hin, die häufigste Komplikation einer Schenkelhalsfehlstellung.

Coxa antetorta und retrotorta zeigen sich manchmal im Gangbild, z. B. weil die Kinder nach einwärts oder auswärts verdreht laufen.

Komplikationen

Bei ausgeprägter Coxa vara droht ein Ermüdungsbruch des Schenkelhalses. Mögliche Langzeitfolgen sind zudem verfrühte Verschleißerscheinungen und die Ausbildung einer Hüftgelenksarthrose.

Außerdem entwickeln sich bei Schenkelhalsfehlstellungen leicht kompensatorisch X- oder O-Beine.

Diagnosesicherung

Klinische Hinweise auf eine Coxa valga oder vara und eine eventuell damit verbundene Störung des muskulären Gleichgewichts erhält die Ärzt*in, indem sie das Gangbild beurteilt und den Bewegungsumfang des Hüftgelenks prüft. Hier zeigt sich oft, dass die Betroffenen das Bein nicht gut abspreizen oder nach innen drehen können.

Ein typisches Zeichen für die Coxa vara ist zudem der Trendelenburg-Test. Dabei stellt sich die Patient*in auf das erkrankte Bein und hebt das andere an. Weil die Muskeln auf der erkrankten Seite durch die Fehlstellung verringert sind, senkt sich das Becken zu dieser Seite ab (dann ist das Trendelenburgzeichen positiv).

Bei Coxa antetorta oder retrotorta ist das nach innen oder nach außen verdrehte Gangbild wegweisend. Setzen sich die Kinder auf den Boden, bevorzugen sie bei Coxa antetorta den W-Sitz, bei Coxa retrotorta den Schneidersitz.

Röntgenaufnahmen sichern die Diagnose und ermöglichen es, den Schenkelhals-Winkel zu bestimmen. Da der Schenkelhals normalerweise etwas nach vorne gerichtet ist (Antetorsions-Winkel), ist der auf dem Röntgenbild gemessene Winkel größer als der reelle Winkel. Durch Spezialaufnahmen und das Hinzuziehen einer Umrechnungstabelle kann die Ärzt*in den reellen Schenkelhals-Winkel mit einer Fehlerquote unter 5 % ermitteln.

Behandlung

Korrekturoperationen sind nur bei einer ausgeprägten Coxa vara erforderlich. Hier lässt sich die drohende Gefahr eines Bruchs abwenden, indem der Schenkelhals durchtrennt, aufgerichtet und fixiert wird (valgisierende Osteotomie).

Bei Coxa valga im Kindesalter normalisiert sich die Stellung des Oberschenkelhalses oft bis zum Wachstumsalter. Bleibt die Coxa valga bestehen, ist bei ausgeprägten Formen eine Varisierungsosteotomie (wie beim Morbus Perthes) erforderlich, um den Schenkelhals-Winkel abzuflachen.

Auch bei ausgeprägter Coxa retrotorta empfehlen die Ärzt*innen oft die Operation, da bei dieser Fehlstellung das Risiko für eine Hüftgelenksarthrose stark erhöht ist. Die Coxa antetorta wird nur operiert, wenn sie den Gang massiv beeinträchtigt.

Prognose

Bei ausgeprägten, unbehandelten Coxa vara droht durch die fehlerhafte mechanische Belastung der Ermüdungsbruch des Schenkelhalses. Werden operationspflichtige Schenkelhalsfehlstellungen nicht operiert, kommt es meist frühzeitig zur Arthrose.

Ihre Apotheke empfiehlt

Was Sie selbst tun können

Gezielte Gymnastik. Bei Hinken hilft es oft, die wichtigen Gesäß- und Beckenmuskeln durch Krankengymnastik zu stärken. Daneben sind auch gezielte Dehnübungen erforderlich, um verkürzte Muskeln und Sehnen zu korrigieren.

Schulsport absegnen. Sport ist wichtig, auch für Kinder mit Coxa vara oder valga. Zur Sicherheit sollte jedoch die behandelnde Ärzt*in befragt werden, ob das Kind uneingeschränkt beim Schulsport mitmachen darf oder ob bestimmte Turnübungen oder Bewegungen zu vermeiden sind.

Von: Dr. med. Martin Schäfer in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski

6 Tipps für gekonntes Pflastern

6 Tipps für gekonntes Pflastern
Beim Daumen passen oft normale Pflaster, für die Langfinger bieten sich Fingerpflaster an.

Aufkleben und fertig – für kleine Wunden sind Pflaster eine vermeintliche simple Sache. Tatsächlich kann man dabei aber einiges falsch machen. Hier gibt es sechs Tipps fürs richtige Pflastern.

Gepflastert wird seit über 100 Jahren

Knapp 130 Jahre ist das Pflaster schon alt. Zunächst nutzte man sie, um Arzneizubereitungen auf die Haut zu bringen. Ab den Zwanzigerjahren des letzten Jahrhunderts wurden sie jedoch mehr und mehr zur Wundversorgung eingesetzt. Das funktioniert aber nur, wenn man bei der Anwendung ein paar Punkte beachtet:

  • Hygienisch vorgehen. Um Infektionen vorzubeugen, sollten man vor der Wundversorgung die Hände waschen. Außerdem ist darauf zu achten, weder Wunde noch Wundauflagebereich des Pflasters zu berühren.
  • Das richtige Pflaster verwenden. Die Wahl des Pflasters richtet sich danach, wo die Wunde sitzt. So gibt es speziell für die Finger praktische Fingerpflaster. Elastische Pflaster eignen sich besonders gut für Wunden an Gelenken oder an Körperteilen, die viel bewegt werden. Wer sensible Haut hat, kann Pflaster für empfindliche Haut verwenden: Sie lassen sich besonders gut wieder entfernen. Ökotest hat im Oktober 2022 18 sogenannte Sensitivpflaster unter die Lupe genommen, die meisten davon sind empfehlenswert.
  • Spezialpflaster nicht zweckentfremden. Blasen- oder Hühneraugenpflaster sind extra für den jeweiligen Zweck entwickelt worden. Sie enthalten meist spezielle Gele oder Wirkstoffe und haben deshalb auf „normalen“ kleinen Wunden nichts zu suchen.
  • Die passende Größe wählen. Das Pflaster muss ausreichend groß sein. Das bedeutet, dass die Wundauflage größer ist als die Wunde. Bei ausgedehnten Wunden ist eine sterile Wundauflage mit Mullbinde oft die bessere Wahl.
  • Ablaufdatum beachten. Nach Ablauf des Verfallsdatums kleben Pflaster schlechter. Deshalb sollte man Hausapotheke und Verbandkasten regelmäßig auf abgelaufene Pflaster überprüfen und diese ersetzen.
  • Pflaster gekonnt entfernen. Vor allem Standardpflaster kleben sehr gut. Reißt man sie ab, sollte dies schnell und beherzt erfolgen. Bei kleinen Kindern führt diese Methode jedoch oft zu Tränen. In diesen Fällen helfen folgende Tricks:

  1. Klebestelle mit Babyöl benetzen und dies eine kurze Weile einwirken lassen.
  2. Am Schorf klebendes Pflaster vorsichtig mit einem in Babyöl getauchten Wattestäbchen lösen.
  3. Kind ausgiebig baden lassen – danach lassen sich Pflaster meist sehr gut lösen.

Quelle: Ökotest

12.03.2024 | Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: Csaba Deli/shutterstock.com