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Gesundheit heute

Schlüsselbeinbruch

Schlüsselbeinbruch (Claviculafraktur, Klaviculafraktur): Bruch eines der beiden Schlüsselbeine, also des schmalen Knochens, der das Brustbein mit dem Schulterblatt verbindet. Es handelt sich um den zweithäufigsten Knochenbruch nach dem Speichenbruch. Meist entsteht die Verletzung durch direkte Gewalteinwirkung oder durch Sturz auf den ausgestreckten Arm, typischerweise bei Verkehrs- und Sportunfällen. Unter konservativer Behandlung mit einem Rucksackverband oder einer Armschlinge für 10–30 Tage heilt der Bruch in der Regel folgenlos. Nur selten ist eine Operation erforderlich.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Schmerzhafte Schwellung, Druck- und Bewegungsschmerz am Schlüsselbein
  • Oft sichtbare und tastbare Stufe am Schlüsselbein
  • Oft Bluterguss über der betroffenen Stelle
  • Schmerzhafte Bewegungseinschränkung der Schulter und des Arms
  • Manchmal sichtbares Absinken der verletzten Schulter.

Wann zum Arzt

Sofort, wenn

  • der Verdacht auf einen Schlüsselbeinbruch besteht.

Erste Hilfe

Die schmerzende Stelle sofort mit Umschlägen, Eisbeuteln oder Kühlpacks zu kühlen bringt oft Schmerzerleichterung. Beim Transport zum Arzt ist es empfehlenswert, den verletzten Arm in angewinkelter Stellung vorsichtig mit einem Tuch oder Kleidungsstück am Körper zu fixieren.

Die Erkrankung

Bis zu 15 % der Knochenbrüche im Erwachsenenalter betreffen das Schlüsselbein, also einen der beiden schmalen, S-förmigen Knochen des Schultergürtels, die das Brustbein mit dem rechten bzw. linken Schulterblatt verbinden. Die häufigsten Ursachen sind Verkehrs- und Sportunfälle. Dabei wirkt die Gewalt entweder indirekt auf den Knochen ein (z. B. beim Sturz auf den sich abfangenden Arm) oder direkt, wie etwa bei einem Schlag oder Stoß von vorn auf die Schulter.

In der Regel bricht nur eines der beiden Schlüsselbeine, und das in 80 % der Fälle im mittleren Drittel des Schafts (am Übergang zum äußeren Drittel, wo der Knochen am dünnsten ist). Manchmal entsteht nur ein Knick, meistens aber eine mehr oder weniger starke Verschiebung der Bruchteile. Das Gewicht des Arms und die Brustmuskulatur ziehen die Schulter samt dem äußeren Bruchstück nach unten und vorne, während das innere Bruchstück durch den Zug der Halsmuskulatur nach oben und hinten abweicht.

Trümmerbrüche kommen in etwa 20 % der Fälle vor, offene in 1 bis 2 % der Schlüsselbeinbrüche. In seltenen Fällen verletzen die scharfkantigen Bruchenden auch die dicht unter dem Schlüsselbein verlaufende Schlüsselbeinvene (Vena subclavia), die Schlüsselbeinarterie (Arteria subclavia), die Lunge oder die Nerven, die von der Halswirbelsäule zum Arm ziehen.

Diagnosesicherung

Der Arzt stellt die Diagnose oft schon anhand der Schilderung des Unfall- oder Sturzhergangs und der Beschwerden, wie z. B. den Schmerzen am Schlüsselbein und der Schonhaltung des Arms. Oft lässt sich auch die Stufenbildung im Verlauf des Schlüsselbeins gut erkennen. Wird die Schulter bewegt, hört man dabei ein typisches Reibegeräusch des Knochens, das die Mediziner Crepitatio nennen.

Gesichert wird die Diagnose mit Röntgenaufnahmen des Schlüsselbeins, wobei sich dabei oft auch das Ausmaß einer eventuellen Verschiebung der Bruchfragmente erkennen lässt. Im Zweifel veranlasst der Arzt eine Belastungsaufnahme, die allerdings recht schmerzhaft ist. Dabei wird an beiden Handgelenken ein Gewicht von 5 bis 10 kg befestigt, wodurch der Arm nach unten gezogen wird und eine Verschiebung an der kranken Seite erkennbar ist.

Um keine Nerven- oder Gefäßverletzung zu übersehen, prüft der Arzt den sogenannten DMS-Status, d. h. die Durchblutung, die Motorik und die Sensibilität des betroffenen Arms. Dazu fühlt er z. B. den Puls, beurteilt die Nagelbettdurchblutung, lässt den Patienten die Finger bewegen und streicht mit einem feinen Pinsel oder einer Nadel über die Haut von Hand und Fingern.

Beim Verdacht auf eine begleitende Lungenverletzung hört der Arzt außerdem die Lunge ab und veranlasst eine Röntgenaufnahme des Brustkorbs. Durch Abtasten und Abklopfen von Brustkorb und Wirbelsäule prüft er orientierend, ob zusätzlich Rippenbrüche oder Wirbelkörperbrüche vorliegen. Sind Gefäße verletzt, ist eine Angiografie, d. h. eine Kontrastmitteluntersuchung der entsprechenden Gefäße, erforderlich. Beim Verdacht auf Verletzung des Nervengeflechts im Schulterbereich wird eine MRT veranlasst.

Differenzialdiagnose. Ähnlich schmerzhaft sind andere Verletzungen der Schulter, wie z. B. die Schultereckgelenkverrenkung, der Oberarmkopfbruch oder die Schulterverrenkung.

Behandlung

Ob ein Schlüsselbeinbruch konservativ mit bloßem Ruhigstellen des Armes oder operativ behandelt wird, hängt von einer Reihe von Faktoren ab, zum Beispiel davon, in wie viele Teile der Knochen gebrochen ist, ob die Bruchteile verschoben sind und ob Begleitverletzungen vorliegen. Auch das Alter des Patienten und eventuelle Begleiterkrankungen, die eine Operation riskant machen, spielen eine Rolle bei der Therapieentscheidung. Neuere Untersuchungen deuten zudem darauf hin, dass mit den modernen Operationsverfahren in vielen Fällen bessere Ergebnisse erzielt werden können als mit einer konservativen Therapie. Die Entscheidung, welche Behandlung am besten ist, ist deshalb für jeden Patienten individuell zu treffen.

Konservative Behandlung

Die konservative, also nicht-operative Behandlung, ist vor allem geeignet für Brüche, bei denen die beiden Bruchstücke nicht oder kaum verschoben (disloziert) sind und bei denen keine Begleitverletzungen vorliegen. Auch alten Menschen wird oft eine konservative Therapie empfohlen, da diese meist ein höheres Operationsrisiko und durch einen ruhigeren Lebensstil weniger Angst vor funktionellen Einbußen haben.

Schmerztherapie. Gegen die Schmerzen verordnet der Arzt meist ein Schmerzmittel wie Ibuprofen (z. B. Dolgit® oder Ibuprofen AbZ), Paracetamol (z. B. ben-u-ron® oder Paracetamol-ratiopharm®) oder Metamizol (z. B. Novalgin®).

Ruhigstellen. Um Arm und Schulter ruhigzustellen gibt es verschiedene Verfahren:

  • Rucksackverband. Hier legt der Arzt dem Patienten für 3–4 Wochen (bei Kindern für zehn Tage) einen wie ein Rucksack geformten Verband an, der die Schulter(n) nach hinten zieht und fixiert. Mehrfaches, anfangs tägliches Nachspannen des Verbands ist erforderlich, um eine Verkürzung des Schlüsselbeins und eine Achsenfehlstellung zu verhindern. Andernfalls droht eine Fehlstellung des Schulterblatts, das sich wie ein Segel nach außen drehen würde (Scapula alata). Ob die Anlage eines Rucksackverbands tatsächlich zu einer wesentlichen Ruhigstellung des Schlüsselbeins führt, ist allerdings umstritten angesichts der ständigen Schulter- und Atembewegungen und der starken Muskelkräfte, die in diesem Bereich wirken.
  • Armschlinge oder Gilchrist-Verband. Alternativen zum Rucksackverband sind die Armschlinge und der Gilchrist-Verband, die ebenfalls für etwa 3-4 Wochen angelegt werden.

Physiotherapie. Nach etwa 3 Wochen beginnt die Physiotherapie, zunächst als Bewegungstherapie. Nach etwa 6 Wochen kommen muskelkräftigende Übungen dazu.

Verlaufskontrollen. Den Heilungsverlauf prüft der Arzt mit regelmäßigen Untersuchungen, z. B. 1, 3 und 6 Wochen nach dem Schlüsselbeinbruch. Nach 6 Wochen erfolgt auch eine radiologische Kontrolle, ob der Knochen gut zusammenwächst.

Operative Behandlung

Eine operative Einrichtung und Stabilisierung des Schlüsselbeins empfiehlt sich bei stark verschobenen Brüchen mit kosmetisch störender Stufe in der Schlüsselbeinkontur, bei (drohender) Durchspießung der Haut oder bei Verletzung von Blutgefäßen, Nerven oder Lunge. Je nach Lage des Bruchs und möglichen Begleitverletzungen wird die Operation offen, minimal-invasiv oder per Gelenkspiegelung (Arthroskopie) durchgeführt.

Die stabilisierende Funktion übernehmen meist Platten und Schrauben, alternativ ein elastischer Nagel (Prevot-Nagel), der in die Markhöhle des Knochens eingebracht wird. Bei Brüchen, die an den äußersten Enden des Schlüsselbeins liegen, kommen auch Drahtschlingen zum Einsatz.

Postoperative Nachsorge. Der operierte Arm wird zunächst ein bis zwei Wochen lang mit einem Gilchrist-Verband ruhiggestellt. Wenige Tage nach der Operation beginnt schon die Physiotherapie mit zunächst passiven und später aktiven Übungen, um die Beweglichkeit des Schultergürtels zu erhalten. Nach etwa fünf Wochen kommt dann das muskelaufbauende Training inklusive Stütztraining dazu.

Daneben kontrolliert der Arzt den Heilungsprozess regelmäßig durch Untersuchungen und mithilfe von Röntgenaufnahmen (z. B. 3 Tage und 5 Wochen nach der Operation).

Komplikationen

Sowohl bei der konservativen als auch bei der operativen Behandlung eines Schlüsselbeinbruchs drohen Komplikationen. Die wichtigsten sind:

  • Bildung eines Falschgelenks (Pseudarthrose) durch Ausbleiben der Knochenheilung und weiterer Beweglichkeit der beiden Knochenfragmente
  • Überschießende Kallusbildung (Bindegewebsbildung im Bereich der Knochenbruchstücke), die entweder von außen sichtbar ist und kosmetisch stört oder im Innern Gefäße und Nerven abdrückt
  • Überschießende Narbenbildung am Hautschnitt nach operativer Behandlung; sie entsteht durch den starken Zug des Brustmuskels
  • Infektion der Weichteile und des direkt unter der Haut liegenden Schlüsselbeins über die Operationswunde.

Prognose

Einfache, konservativ behandelte Schlüsselbeinbrüche verheilen in der Regel gut und ohne Folgen. Erwachsene können den Arm meist nach 6 bis 8 Wochen wieder voll belasten. Bei Kindern heilt das Schlüsselbein schneller. Sobald sie beide Arme nach etwa vier Wochen seitengleich und schmerzfrei bewegen können, ist wieder eine volle Belastung erlaubt. Sehr selten führen schlechte verheilte Brüche zu Asymmetrien der Schulter oder – falls Kinder betroffen sind – zu Wachstumsstörungen.

Komplizierte, operativ versorgte Schlüsselbeinbrüche brauchen etwa 8 bis 12 Wochen, bis der Knochen wieder belastbar ist. Die implantierten Metallteile werden frühestens drei Monate nach der Operation wieder entfernt.

Ihr Apotheker empfiehlt

Was Sie selbst tun können

Schonung. Ob Armschlinge, Rucksackverband oder Gilchrist-Verband, halten Sie sich an die gebotene Schonung ihres Armes und Ihrer Schulter, damit das Schlüsselbein wieder richtig zusammenwachsen kann.

Sturzprophylaxe. Ein erneuter Sturz ist unbedingt zu vermeiden. Kinder und alte Menschen mit Schlüsselbeinbruch sollten sich deshalb beim Treppensteigen mit der Hand des gesunden Arms gut am Geländer festhalten. Vermeiden Sie Stolperfallen in der Wohnung, wie etwa rutschende Teppiche oder herumliegende Kabel. Tragen Sie Schuhe, die gut sitzen und ein griffiges Profil haben.

Sport. Beginnen Sie nach einem Schlüsselbeinbruch nicht zu früh mit Sport und besprechen Sie unbedingt mit Ihrem Arzt, wann welche sportliche Betätigung für Sie wieder erlaubt ist. Ein Funktionstraining sollte nicht vor der 9. Woche nach der Operation beginnen, Kontaktsportarten sollten Sie zur Sicherheit das ganze erste halbe Jahr nach der Operation nicht aufnehmen.

Prävention

Besonders gefährdet für Schlüsselbeinbrüche sind Skifahrer, Snowboard- und Skateboardfahrer. Anfänger sollten deshalb neben dem Fahrtraining auch ein Sturztraining absolvieren. Dabei können sie lernen, im Falle eines Falles "besser" hinzufallen.

Von: Dr. med. Michael Bedall in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski

6 Tipps für gekonntes Pflastern

6 Tipps für gekonntes Pflastern
Beim Daumen passen oft normale Pflaster, für die Langfinger bieten sich Fingerpflaster an.

Aufkleben und fertig – für kleine Wunden sind Pflaster eine vermeintliche simple Sache. Tatsächlich kann man dabei aber einiges falsch machen. Hier gibt es sechs Tipps fürs richtige Pflastern.

Gepflastert wird seit über 100 Jahren

Knapp 130 Jahre ist das Pflaster schon alt. Zunächst nutzte man sie, um Arzneizubereitungen auf die Haut zu bringen. Ab den Zwanzigerjahren des letzten Jahrhunderts wurden sie jedoch mehr und mehr zur Wundversorgung eingesetzt. Das funktioniert aber nur, wenn man bei der Anwendung ein paar Punkte beachtet:

  • Hygienisch vorgehen. Um Infektionen vorzubeugen, sollten man vor der Wundversorgung die Hände waschen. Außerdem ist darauf zu achten, weder Wunde noch Wundauflagebereich des Pflasters zu berühren.
  • Das richtige Pflaster verwenden. Die Wahl des Pflasters richtet sich danach, wo die Wunde sitzt. So gibt es speziell für die Finger praktische Fingerpflaster. Elastische Pflaster eignen sich besonders gut für Wunden an Gelenken oder an Körperteilen, die viel bewegt werden. Wer sensible Haut hat, kann Pflaster für empfindliche Haut verwenden: Sie lassen sich besonders gut wieder entfernen. Ökotest hat im Oktober 2022 18 sogenannte Sensitivpflaster unter die Lupe genommen, die meisten davon sind empfehlenswert.
  • Spezialpflaster nicht zweckentfremden. Blasen- oder Hühneraugenpflaster sind extra für den jeweiligen Zweck entwickelt worden. Sie enthalten meist spezielle Gele oder Wirkstoffe und haben deshalb auf „normalen“ kleinen Wunden nichts zu suchen.
  • Die passende Größe wählen. Das Pflaster muss ausreichend groß sein. Das bedeutet, dass die Wundauflage größer ist als die Wunde. Bei ausgedehnten Wunden ist eine sterile Wundauflage mit Mullbinde oft die bessere Wahl.
  • Ablaufdatum beachten. Nach Ablauf des Verfallsdatums kleben Pflaster schlechter. Deshalb sollte man Hausapotheke und Verbandkasten regelmäßig auf abgelaufene Pflaster überprüfen und diese ersetzen.
  • Pflaster gekonnt entfernen. Vor allem Standardpflaster kleben sehr gut. Reißt man sie ab, sollte dies schnell und beherzt erfolgen. Bei kleinen Kindern führt diese Methode jedoch oft zu Tränen. In diesen Fällen helfen folgende Tricks:

  1. Klebestelle mit Babyöl benetzen und dies eine kurze Weile einwirken lassen.
  2. Am Schorf klebendes Pflaster vorsichtig mit einem in Babyöl getauchten Wattestäbchen lösen.
  3. Kind ausgiebig baden lassen – danach lassen sich Pflaster meist sehr gut lösen.

Quelle: Ökotest

12.03.2024 | Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: Csaba Deli/shutterstock.com