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Gesundheit heute

Morbus Perthes

Morbus Perthes (juvenile Hüftkopfnekrose, idiopathische kindliche Hüftkopfnekrose): Absterben und Wiederaufbau von Teilen des Hüftkopfs im Kindesalter. Betroffen sind vor allem Jungen zwischen 4 und 8 Jahren. Die mehrere Jahre dauernde Erkrankung macht sich anfangs oft lediglich in zeitweiligem Hinken bemerkbar, später folgen Schmerzen in Leiste oder Knie. Ursache ist wahrscheinlich eine ungenügende Blutversorgung des Hüftkopfs während des stärkeren Knochenwachstums.

Rechtzeitig behandelt heilt der Morbus Perthes in vielen Fällen folgenlos aus. Die Therapie richtet sich nach dem Alter des Kindes und den Schäden am Knochen. Sie reicht von Maßnahmen wie Entlasten des Hüftgelenks mit Gehstöcken und Rollstuhl sowie Krankengymnastik bis hin zur (selten erforderlichen) Operation.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Anfangs oft nur gelegentliches Hinken
  • Schmerzen in der Hüfte, bei manchen Kindern auch in Oberschenkel oder Knie ausstrahlend oder ausschließlich dort
  • Unlust zu Laufen.

Wann in die Arztpraxis

Innerhalb von 1–2 Tagen bei

  • Schmerzen in Leiste, Oberschenkel oder Knie
  • neu aufgetretenem Hinken.

Die Erkrankung

Der Hüftkopf (Oberschenkelkopf) ist das obere Ende des Oberschenkels. Er sitzt auf dem Oberschenkelhals und bildet zusammen mit der Hüftgelenkspfanne im Hüftbein des Beckens das Hüftgelenk. Hüftkopf und Pfanne müssen genau zueinander passen, damit die Bewegungen reibungslos ablaufen. Alles, was diesen reibungslosen Ablauf stört, verschleißt die Gelenkstrukturen.

Das trifft auch für die langwierige Erkrankung Morbus Perthes zu: Hier sterben Bereiche des Hüftkopfs zunächst ab und werden dann über Monate und Jahre hinweg vom Körper wieder aufgebaut. Diese Vorgänge können in sehr unterschiedlichem Ausmaß ablaufen: Es gibt Kinder, bei denen die Erkrankung folgenlos ausheilt und sich der geschädigte Hüftkopf komplett wieder passend regeneriert. Bei anderen sind die Schäden am Knochen dagegen so ausgeprägt, dass Kopf und Pfanne nicht mehr zusammenpassen und eine Operation erforderlich ist, um das Hüftgelenk zu retten. In jedem Fall braucht der Hüftkopf 3 bis 5 Jahre, bis er ausgeheilt ist. Dabei werden folgende Phasen durchlaufen:

  • Im Initialstadium sterben zunächst die Teile des Hüftkopfs ab, die unter der Knorpelschicht liegen. Das Grundgerüst bleibt bestehen, weshalb der Hüftkopf auch rund bleibt. Im Röntgenbild ist dabei nur ein verbreiteter Gelenkspalt zu erkennen.
  • Schreitet die Erkrankung fort, bricht nach etwa 2 bis 6 Monaten das Grundgerüst des Hüftkopfs zusammen. Im Röntgenbild sieht man dabei eine verdichtete Knochenstruktur, weshalb das Stadium Kondensationsstadium heißt.
  • Schließlich kommt es zu Brüchen in der knorpeligen Gelenkfläche des Hüftkopfs, auch der Knochen bricht weiter zusammen Dieses Fragmentationsstadium wird etwa 12 Monate nach Erkrankungsbeginn erreicht.
  • Nach dem Zusammenbruch baut sich der knöcherne Hüftkopf wieder auf. Es wachsen Gefäße ein, Knochenzellen siedeln sich an und bilden Knochensubstanz. Das Reparationsstadium beginnt je nach Ausprägung der Schäden 2 bis 3 Jahre nach Erkrankungsbeginn. In dieser Umbauphase ist der Hüftkopf vermindert belastbar, d. h., bei Belastung droht er flacher oder breiter zu werden.
  • Schließlich ist der Knochen ausgeheilt (Ausheilungsstadium), wobei der Endzustand individuell verschieden ist: Der Hüftkopf kann wieder so aussehen wie vorher und perfekt in die Pfanne passen. Er kann aber auch deformiert sein. Passen Hüftkopf und Hüftpfanne trotz Deformierung noch gut zueinander, spricht man von einer (prognostisch günstigen) pathologischen Kongruenz. Passen neu aufgebauter Hüftkopf und Pfanne nicht mehr reibungslos zueinander, hat sich eine Inkongruenz entwickelt. In diesem Fall droht das Gelenk früh zu verschleißen und arthrotisch zu werden.

Ursachen

Als Hauptursache für das Absterben von Teilen des Hüftkopfs gilt eine Minderdurchblutung in diesem Gebiet. Wie es dazu kommt, ist jedoch noch nicht abschließend geklärt. Vermutet wird eine anlagebedingte Störung der Hüftkopfgefäße. Auch eine erhöhte Blutgerinnung durch Blutgerinnungsstörungen verschlechtert die Hüftkopfdurchblutung und erhöht das Risiko für den Morbus Perthes.

Daneben sollen wiederholte kleinste Verletzungen im Gelenk eine Rolle spielen. Das könnte auch erklären, warum die Erkrankung bei hyperaktiven, viel herumspringenden Kindern etwas häufiger ist. Außerdem findet sich bei Kindern mit Morbus Perthes insgesamt ein "zu junges" Skelettalter, d. h., die Skelettreifung ist verzögert.

Komplikationen

Wird die Erkrankung erst spät erkannt und therapiert, kann eine Deformierung des Hüftkopfs zurückbleiben. Neben einer Beinlängendifferenz mit all ihren Problemen droht durch die Veränderungen im Gelenk langfristig eine Hüftgelenksarthrose.

Diagnosesicherung

Hinken oder Bewegungseinschränkungen lenken den Verdacht auf eine Hüfterkrankung. Bei Kindern ist auch ein Schmerz im Knie ein Hinweis darauf, dass etwas mit der Hüfte nicht stimmt.

Körperliche Untersuchung. Die Kinderorthopäd*in untersucht Hüfte und Bein genau und prüft deren Beweglichkeit in alle Richtungen, sowohl in Bauch- als auch in Rückenlage. Häufig lässt sich ein Druckschmerz in der Leiste auslösen.

Für eine Problematik in der Hüfte spricht auch das Vierer-Zeichen. Es wird folgendermaßen ausgelöst:

  • Das Kind liegt auf dem Rücken und legt die Ferse des betroffenen Beins auf das Knie des anderen Beins. Dies ist meist schon schmerzhaft, weil die Bewegung zu einer Außendrehung und Abspreizung im betroffenen Hüftgelenk führt.
  • Um die Bewegung zu verstärken, drückt die Ärzt*in vorsichtig das nach außen zeigende Knie des betroffenen Beins nach unten.

Das Vierer-Zeichen ist positiv, wenn die Bewegung Schmerzen verursacht und/oder das Knie sich nicht ausreichend Richtung Unterlage drücken lässt (Abstand > 20 cm).

Bildgebende Diagnostik. Das Röntgenbild kann in den ersten 3 bis 6 Monaten unauffällig sein, später zeigt es die typischen Veränderungen wie etwa die Höhenminderung des Hüftkopfs, Verdichtung des Knochens und seine eventuelle Deformierung. Die radiologischen Befunde sind wichtig für Prognose, Verlaufskontrolle und Therapieplanung. Das MRT zeigt die absterbenden Hüftkopfgebiete schon früher und bringt durch weitere Informationen gerade bei unklaren oder fraglichen Befunden Sicherheit bei der Diagnose. Bei der Verlaufskontrolle ist das MRT dem Röntgenbild jedoch unterlegen. Um einen Gelenkerguss nachzuweisen, ist die Ultraschalluntersuchung der Hüfte hilfreich.

Differenzialdiagnosen. Ähnliche Beschwerden machen die im Kindesalter ebenfalls häufige Coxitis fugax oder die Epiphyseolysis capitis femoris (jugendliche Hüftkopflösung).

Behandlung

Ziel der Behandlung ist die ungestörte Abheilung des Hüftkopfs, damit dieser am Ende wieder problemlos in die Hüftpfanne passt. Dafür gibt es je nach Ausprägung der Zerstörung verschiedene Therapiemöglichkeiten.

Konservative Therapie

Kinder, deren Beweglichkeit in der Hüfte noch gut und bei denen die Höhe des seitlichen Hüftkopfdrittels nicht verringert ist, dürfen mit konservativen Maßnahmen behandelt werden. Die regelmäßige (meist dreimonatliche) Röntgenkontrolle ist obligatorisch, um eventuelle Verschlechterungen frühzeitig zu erkennen und gegebenenfalls auf ein operatives Verfahren umsteigen zu können. Die konservative Therapie umfasst

  • das Entlasten der Hüfte mit Gehstützen. Die früher verordneten großen Schienen (Orthesen) sind heute nicht mehr gebräuchlich
  • das Vermeiden von Springen
  • eine spezielle Krankengymnastik, um die Beweglichkeit des Hüftgelenks zu erhalten.

Operativ

Operiert wird bei schlechter Beweglichkeit und typischen röntgenologischen Risikozeichen, also z. B., wenn die Höhe des seitlichen Hüftkopfanteils um mehr als die Hälfte vermindert ist. Dabei wird der Hüftkopf in der Hüftpfanne besser platziert, um weitere Deformierungen zu verhindern. Bei der intertrochantären Varisationsosteotomie vergrößern die Orthopäd*innen beispielsweise den Winkel zwischen Oberschenkelhals und Oberschenkelschaft. Osteotomie heißt, dass der Knochen durchtrennt und dann in der gewünschten Position wieder zusammengefügt und fixiert wird. Eine andere Möglichkeit ist die Salter-Osteotomie. Hier wird durch einen Eingriff am Hüftbein die Überdachung der Hüftgelenkspfanne verbessert und der Hüftkopf auf diese Weise in eine günstigere Position gebracht. Manchmal werden beide Operationen gemeinsam durchgeführt, um den Hüftkopf besser zu zentrieren.

Nachbehandlung. Nach der Operation wird die Hüfte für mehrere Wochen ruhiggestellt. Dafür sorgt meist eine Gipsschale, die die Patient*innen für 3 bis 6 Wochen tragen. Danach geht es los mit der Krankengymnastik. Parallel dazu empfiehlt es sich, die Hüfte für 3 bis 6 Wochen mit Unterarmgehstöcken zu entlasten.

Prognose

Je früher ein Kind erkrankt, desto besser ist die Prognose. Heilt der Hüftkopf ohne Deformität aus, bleibt die Erkrankung folgenlos. Bei stark deformiertem, nicht mehr richtig in die Pfanne passendem Hüftkopf droht die frühe Entwicklung einer Hüftgelenksarthrose.

Ihre Apotheke empfiehlt

Was Sie für Ihr Kind können

Sport. Nach Rücksprache mit der Ärzt*in ist oft leichter Sport möglich. Sorgen Sie dafür, dass Ihr Kind keine Sportarten mit Sprüngen oder abrupten Bewegungen ausübt. Ideal sind dagegen mäßiges Schwimmen und Radfahren.

Krankengymnastik. Lassen Sie sich von der Physiotherapeut*in genau zeigen, worauf bei den speziellen Übungen zu achten ist. Helfen Sie Ihrem Kind dabei, die Übungen regelmäßig zu Hause nachzumachen.

Entlastung. Für kurze Strecken braucht Ihr Kind zur Entlastung kindgerechte Gehstöcke. Für längere Strecken eignet sich ein Rollstuhl besser.

Weiterführende Informationen

Interessante Internetseite mit Infos und Erfahrungen eines Betroffenen, gerichtet an Eltern von Kindern mit Morbus Perthes.

Von: Dr. med. Martin Schäfer in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski

6 Tipps für gekonntes Pflastern

6 Tipps für gekonntes Pflastern
Beim Daumen passen oft normale Pflaster, für die Langfinger bieten sich Fingerpflaster an.

Aufkleben und fertig – für kleine Wunden sind Pflaster eine vermeintliche simple Sache. Tatsächlich kann man dabei aber einiges falsch machen. Hier gibt es sechs Tipps fürs richtige Pflastern.

Gepflastert wird seit über 100 Jahren

Knapp 130 Jahre ist das Pflaster schon alt. Zunächst nutzte man sie, um Arzneizubereitungen auf die Haut zu bringen. Ab den Zwanzigerjahren des letzten Jahrhunderts wurden sie jedoch mehr und mehr zur Wundversorgung eingesetzt. Das funktioniert aber nur, wenn man bei der Anwendung ein paar Punkte beachtet:

  • Hygienisch vorgehen. Um Infektionen vorzubeugen, sollten man vor der Wundversorgung die Hände waschen. Außerdem ist darauf zu achten, weder Wunde noch Wundauflagebereich des Pflasters zu berühren.
  • Das richtige Pflaster verwenden. Die Wahl des Pflasters richtet sich danach, wo die Wunde sitzt. So gibt es speziell für die Finger praktische Fingerpflaster. Elastische Pflaster eignen sich besonders gut für Wunden an Gelenken oder an Körperteilen, die viel bewegt werden. Wer sensible Haut hat, kann Pflaster für empfindliche Haut verwenden: Sie lassen sich besonders gut wieder entfernen. Ökotest hat im Oktober 2022 18 sogenannte Sensitivpflaster unter die Lupe genommen, die meisten davon sind empfehlenswert.
  • Spezialpflaster nicht zweckentfremden. Blasen- oder Hühneraugenpflaster sind extra für den jeweiligen Zweck entwickelt worden. Sie enthalten meist spezielle Gele oder Wirkstoffe und haben deshalb auf „normalen“ kleinen Wunden nichts zu suchen.
  • Die passende Größe wählen. Das Pflaster muss ausreichend groß sein. Das bedeutet, dass die Wundauflage größer ist als die Wunde. Bei ausgedehnten Wunden ist eine sterile Wundauflage mit Mullbinde oft die bessere Wahl.
  • Ablaufdatum beachten. Nach Ablauf des Verfallsdatums kleben Pflaster schlechter. Deshalb sollte man Hausapotheke und Verbandkasten regelmäßig auf abgelaufene Pflaster überprüfen und diese ersetzen.
  • Pflaster gekonnt entfernen. Vor allem Standardpflaster kleben sehr gut. Reißt man sie ab, sollte dies schnell und beherzt erfolgen. Bei kleinen Kindern führt diese Methode jedoch oft zu Tränen. In diesen Fällen helfen folgende Tricks:

  1. Klebestelle mit Babyöl benetzen und dies eine kurze Weile einwirken lassen.
  2. Am Schorf klebendes Pflaster vorsichtig mit einem in Babyöl getauchten Wattestäbchen lösen.
  3. Kind ausgiebig baden lassen – danach lassen sich Pflaster meist sehr gut lösen.

Quelle: Ökotest

12.03.2024 | Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: Csaba Deli/shutterstock.com